Geschichte des Sportkletterns
Welche neuen Grenzen gibt es zu entdecken? – Dies fragten sich Kletterer schon Anfang des 20. Jahrhunderts und kletterten ohne technische Hilfsmittel, also frei. Im Elbsandsteingebirge in der Nähe von Dresden verschrieben sich diese Pioniere dem sportlichen Gedanken, die üblichen Hilfsmittel (Seil, Leitern, etc.) beim Aufstieg einzig zum Sichern und nicht zur Fortbewegung zu verwenden. Wenig später brachten Auswanderer dieses Konzept nach Übersee. In den 1950er Jahren wurde diese Idee im amerikanischen Yosemite Valley über die nächsten 20 Jahre konsequent weiterverfolgt. Die Sportart ‚Freeclimbing’ war geboren. In den 1970er Jahren kehrte die amerikanische Kletter- Philosophie samt Chalkbag zu einer aufnahmebereiten Kletterszene in Deutschland zurück. Was zunächst noch für einen Aufschrei unter den Traditionalisten sorgte, wuchs schnell zur klettertechnischen Entwicklungsexplosion. Kurt Albert begann, in der Fränkischen Schweiz sämtliche bis dahin ausschließlich technisch (also mit Hilfsmitteln) gekletterten Routen frei zu durchsteigen. Er markierte jede durchkletterte Route mit einem roten Punkt – der Beginn des Rotpunkt- Begehungsstils, wie er heute noch gültig ist. 1977 wurde die ‚Pumprisse’ (Kletterer geben den Kletterrouten mehr oder weniger sinnvolle Namen) im wilden Kaiser von Reinhard Karl und Helmut Keine bezwungen – und von Ihnen mit VII bewertet, einem Schwierigkeitsgrad, den es auf der bis dahin gebräuchlichen, starren UIAA- Skala nicht gab. Wenig später öffnete die UIAA (Union Internationale des Associations d’Alpinisme) ihre Skala, und die Kletterer schraubten den maximal möglichen Schwierigkeitsgrad immer weiter nach oben. Schillernde Figur und Ausnahmetalent auf dieser Jagd nach immer extremeren Schwierigkeitsgraden war Wolfgang Güllich. 1991 kletterte er mit ‚Action Directe’ im Frankenjura den damals unfassbaren Schwierigkeitsgrad 11, eine Route, die vier Jahre lang keinem anderen Kletterer gelingen sollte. Wolfgang Güllich verstarb 1992 an den Folgen eines Autounfalls.
Heute ist Sportklettern eine feste Größe unter den Sportdisziplinen. Längst haben sich entsprechende internationale Sportkletterwettbewerbe entwickelt – schon 1989 fand der erste offizielle Kletterweltcup statt. Neben dem sportlichen Wettkampf als Disziplin fasziniert beim Sportklettern aber weiterhin auch ein grundlegender Gedanke: Wie weit kann die persönliche Leistungsgrenze des Kletterers – egal welchen Niveaus – nach oben verlagert werden? Heute übertragen die Könner dies sogar auf die gigantischen Wände der Hochgebirge – und wieder gilt: Der Mensch sucht seine Grenzen. Aber auch hat sich Klettern als Breitensport etabliert. Ob Therapie, Kindergarten, Schule oder Vereinssport. Überall wird geklettert. Auch in den mittlerweile weit mehr als 350 öffentlich zugängliche Kletteranlagen bzw. kommerziellen Kletterhallen in Deutschland tummelt sich eine von dieser Sportart infizierte Sportlergemeinde.